Wer sich mit dem Schreiben beschäftigt, der wird früher oder später auf sie stoßen: die Schreibblockade.

Die einen fürchten sie wie Seefahrer den Kraken, die anderen halten sie für einen Mythos wie … ähh … auch den Kraken. Was stimmt? Und vor allem: Wie geht man damit um?

Diese Frage hat neulich nicht nur eine Newsletter-Leserin gestellt, sondern bei Daniela von linguistsway findet gerade eine Blogparade unter dem Motto #SchreibblockADE2022 statt. Die perfekte Ausgangslage, um sich einmal näher mit dieser ominösen Sache zu beschäftigen.

Schreibblockade als Wortbild

Was ist denn diese Schreibblockade?

Wenn du sie gar nicht kennst, dann herzlichen Glückwunsch! Wahrscheinlich ist sie dir aber nicht gänzlich unbekannt, sonst würdest du das hier vermutlich nicht lesen.

Wenn du mir die Frage stellen würdest: „Hilfe, ich habe eine Schreibblockade, was soll ich tun?“, dann würde ich mit zwei Gegenfragen antworten:

1. Was willst du denn schreiben?

2. Und wo hängst du fest?

Schreibblockaden sind so persönlich und unterschiedlich wie wir, die wir Worte zu Papier bringen oder ins Internet stellen.

Bei manchen verkleidet sich die Schreibblockade als Angst vorm leeren Blatt, die so paralysiert, dass man einfach keinen Anfang findet. Andere stecken mitten in einem Schreibprojekt, hängen an einer Stelle fest und kommen trotz aller Bemühungen nicht weiter. Und wieder andere fühlen sich einfach komplett uninspiriert. Oder alles auf einmal. Egal an welcher Stelle es hängt, man kommt einfach nicht voran.

Die schlechte Nachricht: Eine pauschale Lösung für alle Situationen gibt es nicht. Es macht einen Unterschied, ob ich an einem Roman schreibe und festhänge, einen Blogbeitrag schreiben will und mich der blinkende Cursor auf der leeren Seite vorwurfsvoll anstarrt oder ob ich Tagebuch schreiben möchte, aber nicht weiß, worüber.

Und weil die Antwort „Es kommt drauf an“ lautet – und mal ehrlich, wer ist von dieser Antwort nicht insgeheim genervt –, erzähle ich ein bisschen aus dem Nähkästchen.

Hol dir am besten einen Tee oder Kaffee, der Beitrag wird ein bisschen länger …

Meine persönlichen Strategien gegen Schreibblockaden

Ich muss zuerst gestehen, dass ich den Begriff Schreibblockade nicht mag. Hänge ich manchmal fest? Yes. Definitiv. Aber ich würde es nicht als Blockade bezeichnen. Das klingt entweder nach verrenktem Hals oder nach Hindernissen, die mir Demonstranten in den Weg werfen (so kontroverse Themen behandle ich dann doch nicht …).

Wenn ich nicht weiterkomme (oder keinen Anfang finde), ist das zumindest bei mir immer ein Anzeichen dafür, dass irgendwas nicht passt. Der innere Error 404 (die Seite, die Sie suchen, wurde nicht gefunden).

Weil die Situation und die Art des Textes eine große Rolle spielen, betrachte ich zwei Schreibszenarien getrennt voneinander. Sie funktionieren unterschiedlich und die Probleme treten meistens an anderen Stellen auf.

Szenario 1: Ich schreibe einen Text für andere und komme damit nicht weiter

Wenn ich für andere schreibe, verstehe ich mich als eine Art Reiseführer. Ich möchte den Leser oder die Leserin von Ausgangspunkt A zu einem interessanten Ort führen, an dem es einen Aha-Moment zu erleben gibt. Ich schreibe dann, weil ich irgendeine Erkenntnis vermitteln will, sei es in Form eines Blogbeitrags, eines Artikels oder auch eines Buches.

Manchmal läuft das wie von selbst. Die Tastatur klackert, die Wort fließen nur so und ich beobachte interessiert, wie sich Gedanken formen (die ich später noch kräftig bearbeite, machen wir uns nichts vor).

Manchmal läuft es aber auch gar nicht. Ich finde keinen Einstieg, kein Ende, an dem sich das Thema packen und aufdröseln lässt. Oder ich stelle mittendrin fest, dass alles konfus ist, dass es keinen roten Faden gibt und ich mich textlich im Kreis drehe. Ach, und wahrscheinlich interessiert sowieso niemanden, was ich schreibe, vermutlich ist alles ganz furchtbar und ich sollte nie wieder auch nur … Selbstzweifel mit einer kleinen Prise Selbstmitleid. Die tauchen gern als Beilage einer Schreibblockade auf.

Notizhefte mit Bleistift und zerknülltem Blatt

Was ist der Unterschied zwischen Version A und B? Warum flutscht es manchmal und ein andermal gar nicht?

Ich habe das lange beobachtet und weiß, dass es bei mir eine Sache gibt, die ganz entscheidend ist: Wenn ich weiß, was ich meinen Lesern sagen möchte, fällt mir das Schreiben ziemlich leicht. Wenn ich allerdings selbst noch nicht so richtig weiß, wohin das Thema führt und was genau die Aussage des Textes sein soll, wird es schnell mal zum K(r)ampf.

Wie gehe ich damit um?

Meistens denke ich vor dem Schreiben länger an einem Thema herum. Ich nehme verschiedene Blickwinkel ein, lasse Gedanken vom Hölzchen aufs Stöckchen wandern und führe Selbstgespräche (hauptsächlich in Gedanken, aber ich kann für nichts garantieren). Irgendwann komme ich beim Denken an einen Punkt, an dem das Thema für mich klarer wird und ich weiß, wie ich es ungefähr angehen will und was ich sagen möchte.

Dann fange ich an zu schreiben.

Das Durchdenken passiert übrigens oft im Hintergrund, ich trage manche Themen einfach ein paar Tage (oder auch mal Wochen) mit mir herum und lasse sie reifen. Oder marinieren.

Bei komplexeren Themen arbeite ich auch mal mit Mindmaps (wozu man einen eigenen Beitrag schreiben könnte – wenn dich das interessiert, schreib es gerne in die Kommentare).

Wenn ich übrigens eine konkrete Idee habe, aber noch keine Zeit zum Schreiben, notiere ich mir kurz die Gliederung und ein paar Stichpunkte. Welche Punkte will ich ansprechen, habe ich schon eine Idee für den Einstieg, was soll das Fazit des Beitrags sein? Wenn ich das festhalte, muss ich später nicht von null starten.

Wenn ich mich so richtig schlimm verknotet habe, mir aber eine Deadline im Genick sitzt, dann schreibe ich mich auch mal an ein Thema heran. Es kam schon vor, dass ich einen Artikel zweimal komplett geschrieben und wieder verworfen habe, und dass davon nur ein einziger Satz übriggeblieben ist. Dieser eine Satz war dann die Initialzündung, die dafür gesorgt hat, dass ich endlich wusste, wie ich das Thema angehen kann. Ab da lief es.

Meine Tipps, wenn du Texte für andere schreibst und irgendwo blockiert bist:

  • Trage dein Thema eine Weile mit dir herum, lass es im Geiste marinieren.
  • Mach dir eine Mindmap, wenn du noch nicht so richtig weißt, worum es gehen soll und wie alles zusammenhängt.
  • Schreibe dir zu Ideen und Themen gleich eine kleine Outline auf, wenn du gerade richtig begeistert davon bist (dann hast du später einen Startpunkt).
  • Habe den Mut, richtig beschissene erste Textentwürfe zu schreiben. In den meisten Fällen dient der erste Entwurf nur dazu, einen Einstieg zu finden und das Packende deines roten Fadens zu erwischen. Ich habe noch keinen Autor erlebt, der aus dem Stand druckreife Texte schreibt.
  • Mach dir selbst glasklar, was du eigentlich mit deinem Text sagen möchtest.

Szenario 2: Ich schreibe für mich (Tagebuch oder Journal), fühle mich total uninspiriert und habe keine Lust

Wenn ich für andere schreibe, kann ich ganz gut meine professionelle Mütze aufsetzen und das Schreiben auch mal knallhart durchziehen (und Deadlines helfen ungemein).

Wenn ich aber „nur“ für mich schreibe, sieht das auch mal ganz anders aus. Wenn du schon eine Weile Stift, Herz, Papier liest, dann weißt du, dass ich das Schreiben auch privat liebe. Ich schreibe Tagebuch und Journal, ich schreibe, um meinen Kopf zu sortieren, Erinnerungen festzuhalten, Pläne zu schmieden und überhaupt.

Aber – und jetzt halte dich fest – auch ich habe manchmal überhaupt keine Lust zu schreiben und fühle mich uninspiriert.

Notizbuch mit geschriebenem Wort Schreibblockade

Beim privaten Schreiben sind die Gründe ganz andere – schließlich bereite ich hier kein Thema für irgendwen auf, es geht nur um meine Worte und mich. Und trotzdem will das manchmal nicht klappen.

Was ich im Laufe der Zeit festgestellt habe: Wenn ich viel für andere geschrieben habe (siehe Szenario 1), wenn ich stressige Phasen durchmache und ständig unter Anspannung stehe, wird mir das private Schreiben manchmal zu viel. Ist das Prokrastination? Vielleicht ein bisschen. Aber im Kern ist es Erschöpfung. Wenn ich ausgelaugt und fertig bin, mag ich manchmal einfach nicht schreiben. Und das ist okay. Dann lege ich einfach eine Pause ein.

Merke: Es ist okay, eine Schreibpause einzulegen und den Akku durch komplett andere Dinge wieder aufzuladen. Wandern, schlafen, Musik, malen … was auch immer dich auftanken lässt, tue es!

Die Schwierigkeit ist nur, von solch einer Pause wieder in eine Schreibroutine zu finden (darüber habe ich übrigens schon mal einen eigenen Artikel geschrieben). Routine klingt langweilig und unglamourös, ist aber Gold wert. Mir hilft so etwas sehr, denn wenn man sich etwas angewöhnt hat, muss man sich nicht immer neu dafür entscheiden.

Was hilft mir, wenns beim privaten Schreiben hakt?

  • Ein Thema. Wenn ich gerade etwas lustlos oder uninspiriert bin, suche ich mir ein Thema – am liebsten eines, das mich für eine Weile begleitet (eine Woche, einen Monat …). Und manchmal fordere ich mich selbst mit einer kleinen Challenge heraus, denn ich verliere nicht gern gegen mich selbst. (Schaffe ich es, vier Wochen lang konsequent Morgenseiten zu schreiben?)
  • Ich lege die Latte niedrig. Wenn ich nicht in Schreibstimmung bin, dann halte ich nur kurz die drei, vier Gedanken fest, die ich erinnern möchte und setze mich nicht unter Druck. Dann ist eben gerade nicht die Zeit, um seitenweise Einträge ins Tagebuch zu kritzeln. Und ein oder zwei Sätze sind besser als gar kein Satz.
  • Ich probiere etwas Neues aus. Das funktioniert bei mir fast immer. Eine neue Schreibtechnik, ein neuer Schreib-Ort, eine andere Uhrzeit …
  • Ich lese ältere Einträge durch und bin mir selbst auf einmal total dankbar dafür, dass ich diese Dinge aufgeschrieben habe – denn ich hatte sie schon wieder vergessen und jetzt fallen sie mir wieder ein und das ist wunderschön. Und da ich meinem Zukunfts-Ich diesen Schatz nicht nehmen will, ist das ein handfestes Argument für mich, um weiterzuschreiben.
  • Bonus-Tipp: Mach deine Schreibblockade zum Thema. Schreibe einfach darüber, dass du nicht schreiben willst, dass du festhängst, nicht weißt, was du sagen willst. Es ist gar nicht so selten, dass einem dabei ein zündender Gedanke kommt …

Was du mitnehmen kannst

Das war jetzt ziemlich viel Text fürs Internet (und es gäbe noch so viel zu diesem Thema zu sagen). Wenn du es bis hier geschafft hast, habe ich noch einen abschließenden Gedanken, den du dir mitnehmen kannst:

Eine Schreibblockade ist kein Drama. Betrachte sie einfach als freundliche Fehlermeldung, die dich auf ein Problem im System hinweisen will.

Wenn du manchmal beim „privaten Schreiben“ festhängst und Inspiration suchst, dann findest du hier jede Menge Schreibanregungen. Zum Beispiel zum Thema Hoffnung oder Dankbarkeit. Und wenn du selbst herausfinden willst, was Tagebuchschreiben alles kann, dann starte dein eigenes Tagebuchprojekt.


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  1. Thank you so much. This is very helping for me. After the dead of my parents I lost my writing skills. I am searching for new ways to come back and write a new book. But all is different. So I can write about that 🙂

  2. Liebe Anne,

    vielen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade #SchreibblockADE2022! 😊 Deine Unterscheidung zwischen dem Schreiben für LeserInnen und dem privaten Schreiben finde ich sehr wertvoll, da sich dadurch auch die Strategien verändern.

    Es war schön einen kleinen Einblick in dein Schreiben zu bekommen! 💖

    Gutes Schreiben! ✒️
    Daniela

    1. Das freut mich 🙂 Und vielen Dank fürs Sammeln der Beiträge und die Blogparade – so bekommt man ganz unterschiedliche Anregungen zu solch einem umfangreichen Thema.
      Liebe Grüße
      Anne

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